Selbstbestimmung - Feminismus - Familiengarten

Feminismus, Selbstbestimmung, Wahlfreiheit? Wider dem Einheitsbrei

Zum internationalen Frauentag, packe ich mal die ganz großen Themen auf den Tisch: Feminismus, Wahlfreiheit und Selbstbestimmung. Wie steht es um diese drei Großen und sind wir auf dem richtigen Kurs? Aber darf ich da als „Hausfrau“ überhaupt mitreden?

Ich bin Feministin und doch bin ich zu Hause bei den Kindern. Aber geht das überhaupt? Kann Frau das denn heute wirklich machen? Wenn ich mich so umhöre und querlese, offensichtlich nicht. „Hausfrau“ und Feminismus scheinen zwei unvereinbare Pole zu sein.

Pikanterweise steht Männern die Entscheidung für Kinder und Haushalt aber offenkundig äußerst gut. Denn die wenigen Exemplare, die es von dieser Sorte gibt, werden gehuldigt, gefeiert und gelobt. Und dass oft aus denselben Kreisen, die diese Entscheidung bei Frauen nur müde belächeln und als vollkommen rückständig abwerten.

„Hausmänner“ scheinen eine andere Spezies mit sehr eigenen Regeln. Und ich frage mich dabei, ob sie eigentlich genauso oft mit der besorgten Frage nach einem Ehevertrag konfrontiert werden? Ich vage es zu bezweifeln.

Das ist meiner Meinung nach nicht nur Sexismus at it’s best, sondern auch vollkommen unnötig.

Wieso sollten wir Menschen vorschreiben wie sie zu leben haben?

Das ist für mich das ganze Gegenteil von dem, was ich unter Feminismus verstehe. Denn Feminismus, das war doch das Ding mit der Emanzipation, der Gleichberechtigung und der Selbstbestimmung, oder?

Wo ist sie denn aber hin, die Selbstbestimmung?

Feminismus? War da nicht auch was mit Selbstbestimmung?

Ich persönlich bin es leid, dass mir ständig jemand erzählt, was ich zu tun und zu lassen habe. Weder, dass ich aufgrund meines Frauseins besser für Care-Arbeit geeignet wäre, noch dass ich als moderne Mutter erwerbstätig zu sein habe.

Wisst ihr, dass alles geht mir gehörig auf die Nerven. Ich möchte mir von niemandem irgendetwas sagen lassen. Ich möchte mich nicht dem nächsten Konstrukt unterwerfen, sondern mein und unser Leben so gestalten, wie es sich für mich und uns gut anfühlt.

Blauäugig nennen sie mich. Ich renne geradezu in mein Verderben.

Was ist nur mit der Rente und was im Falle einer Scheidung? Wisst ihr was? Angst war noch nie ein guter Begleiter. Jedenfalls nicht für den Einzelnen. Gesellschaftlich scheint sie recht gut zu funktionieren, denn schließlich baut nahezu alles auf Angst auf. Angst vor Geburten, Angst vor möglichen Krankheiten, Angst vor Armut, vor dem Altern und und und. Angst ist ein riesiges Geschäft. Ich möchte mich nicht von Angst leiten lassen, ich mache mich frei davon. Das heißt nicht, dass ich diesem Thema nicht auch Aufmerksamkeit widme, aber es hat nicht meine höchste Priorität.


Neue Rahmenbedingungen sind nötig

Wie wäre es denn endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die freie Entscheidungen möglich machen?

In den derzeitigen Debatten werden wir wieder nur zu Marionetten gemacht. Wir dienen der Wirtschaft und jedes Argument, dass ich als „Hausfrau und Mutter“ dagegen setze wird klein gemacht. Damit, dass ich mich abhängig mache. Damit, dass ich am Ende keine Rente haben werde. Und deshalb darf ich jetzt nicht Vollzeit für meine Kinder da sein?

Sorry, aber merkt ihr das eigentlich nicht? Wir führen das ganze ad absurdum. Die diskriminierenden Strukturen werden als gegeben genommen und wir Frauen sollen uns diesen unterwerfen, um gleichberechtigt zu sein. Komme, was wolle. Dass wir uns damit wieder abhängig machen, nämlich von einer Wirtschaft, die uns ganz bewusst hierhin gelenkt hat und die massiv davon profitiert, dass der riesige Berg Care-Arbeit unbezahlt stattfindet, wird einfach so hingenommen. Einer Wirtschaft, die Milliarden durch unbezahlte Care-Arbeit einspart und nur der Gewinnmaximierung dient, ohne Rücksicht auf Verluste.

Ich empfinde das ziemlich heuchlerisch. Weil Familienarbeit nicht gewürdigt und bezahlt wird, soll ich sie nicht tun. Weil ich eine Frau bin, soll ich sie nicht machen. Einem Mann steht sie dagegen gut?

Ich frage mich ernsthaft, was soll das?

Feminismus bedeutet Wahlfreiheit

Lasst uns endlich dafür einsetzen, dass Familienarbeit anerkannt wird, dass es ein Grundeinkommen für alle Menschen gibt und das Familien per se über mehr Geld verfügen. Denn erst wenn diese oft völlig unsichtbare Arbeit endlich gesehen und anerkannt wird, kann es echte Wahlfreiheit für beide Geschlechter geben.

Vielleicht wäre es sinnvoll mal zu klären, was Feminismus hierzulande eigentlich erreichen will? Denn wenn es am Ende auch nur wieder ein Konstrukt ist, was uns Frauen vorschreiben will, wie wir zu leben haben, verzichte ich gerne. Meiner Meinung nach sollte es viel mehr um Selbstbestimmung gehen, und zwar unabhängig von Geschlecht oder Alter. Selbstbestimmung braucht allerdings Wahlfreiheit und die wiederum braucht finanzielle Unabhängigkeit.

Denn ganz ehrlich, Vollzeitkinderbetreuung kann doch nicht die einzige klägliche Idee sein, dieses Dilemma zu lösen?

Nein, damit will ich mich nicht zufriedengeben. Ich will es tatsächlich anders. Grundlegend. Ich wünsche mir, dass wir anfangen in Lösungsstrategien zu denken und ganz andere Wege des Miteinanders finden. Dass wir aufhören die Bedürfnisse der einen über die der anderen zustellen, sondern alle Bedürfnisse in ihrer Gesamtheit betrachten. Eben auch die der Kleinsten.


Care-Arbeit gehört anerkannt

Das, was wir Familien tagtäglich leisten, gehört endlich anerkannt. Denn Kinder sind kein Privatvergnügen, sie sind die Zukunft. Solange alle von der Rente profitieren, sollten sich auch alle an den Kinderkosten beteiligen. Es sollte endlich anerkannt werden, dass auch Familien nur einen Tag von 24 Stunden haben und Eltern nicht mehr funktionsfähig sind, wenn sie sich täglich Arme und Beine ausreißen. Das macht uns alle krank. Es schafft ein Klima voller Druck, Neid und Missgunst. Ein Klima, in dem Kinder nicht mehr kindgerecht aufwachsen und Familien zugrunde gerichtet werden.

Care-Arbeit ist nicht einfach nur dieses lästige nervige Ding, dass keiner wirklich machen will. Care-Arbeit ist der verdammte Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Hier geht es um unsere Kinder, um uns geliebte zu pflegende Menschen und nicht um irgendwelche Nummern, die wir hin und herschieben können, wie es uns gerade passt.

Care-Arbeit ist das Herz unserer Menschlichkeit und je weniger diese Arbeit wertgeschätzt und anerkannt wird, desto mehr lösen wir uns als Gesellschaft auf. Wir sind übrigens schon mitten drinnen, dafür müssen wir aktuell nur einen Blick an die griechischen Küsten oder aber in die beklauten Krankenhäuser werfen. Menschlichkeit ist in den letzten Tagen nicht gerade unsere beste Glanzleistung gewesen. Jeder ist sich selbst der nächste. Geld regiert die Welt und mit Geld versuchen wir alles zu regeln. Aber Geld füllt keine Herzen. Geld spendet keinen Trost. Geld macht uns nicht stark oder resilient. Geld macht uns nicht seelisch gesund.

Wir alle sind Menschen. Ohne Umarmung, ohne Beistand, ohne warmherzige Begleitung verkümmern wir.

Care-Arbeit lässt sich nicht einfach wegdiskutieren. Sie ist da und irgendjemand muss sie tun. Statt fremde Menschen, dafür schlecht zu bezahlen, sollte die Arbeit selbst anerkannt und vergütet werden.

Das wäre echtes Empowerment. Denn weltweit sind es überwiegend Frauen und Mädchen, die diese unbezahlte, aber so wichtige Arbeit leisten. Erst wenn sich das ändert, kann meiner Meinung nach echter Wandel entstehen.

Care-Arbeit zu leisten, ohne finanziellen Druck, ohne heillose Überforderung und im Idealfall gerecht aufgeteilt, ist überdies etwas, dass viele Menschen enorm bereichern würde. Denn eine sinnstiftende Tätigkeit ist das, was vielen fehlt.

Was ich mir für die Zukunft wünsche

Ich wünsche mir mehr Familienzeit, flexiblere Modelle jenseits von Kinderbetreuung und Büro. Ich wünsche mir ein Grundeinkommen, dass echte Wahlfreiheit ermöglicht und bezahlte Care-Arbeit. Ich wünsche mir Freiheit mich für meinen eigenen Lebensweg und den meiner Familie zu entscheiden. Und ich wünsche mir Akzeptanz und Toleranz.

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, die Eltern in dem was sie tagtäglich leisten mehr schätzt und unterstützt. In der Eltern nicht abgesprochen wird, sich um ihre Kinder kümmern zu können. Eine Gesellschaft, in der diese unsäglichen Neiddebatten ein Ende haben und in der es endlich nicht mehr darum geht, wer mehr leidet, wer sich noch mehr aufopfert, sondern darum, was wir als Menschen brauchen.

Außerdem wünsche ich mir Orte, an denen Kinder angenommen werden, wie sie sind. Orte, die Kinder nicht gesellschaftskonform machen wollen, sondern sich zum Ziel setzen, die Gesellschaft wieder menschlicher zu machen. Orte, an denen Menschen allen Alters zusammenkommen, sich austauschen, sich gegenseitig inspirieren können und wo Arbeiten, Spielen und Lernen nichts ist, was sich ausschließt. Ich für meinen Teil habe schon mal angefangen. Auf geht’s!

unglaubliche Fakten auf einen Blick

Weltweit bringen Frauen und Mädchen täglich (!) über 12 Millarden Stunden für unbezahlte Haus-, Pflege- und Fürsorgearbeit auf. Würden sie hierfür einen Mindeslohn erhalten, wären das über 11.000.000.000.000 US-Dollar pro Jahr (!).

In Deutschland wird 1,3 Mal mehr unbezahlte Care-Arbeit geleistet als bezahlte Erwerbsarbeit verrichtet.

Die Zahlen entstammen zwei sehr empfehlenswerten Beiträgen zum Thema Care-Arbeit. Einmal einem ZEIT Interview mit der Soziologin Gabriele Winker und einem Interview mit der Philosophin Federici des Magazins Kontrast.at.

Last uns das nicht weiter hinnehmen. Es wird Zeit laut darauf aufmerksam zu machen, dass es sich hier um Arbeit handelt! Ein erster und wichtiger Schritt ist diese Petition hier.

Wahlfreiheit - Selbstbestimmung - Feminismus - Familiengarten

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6 Kommentare zu „Feminismus, Selbstbestimmung, Wahlfreiheit? Wider dem Einheitsbrei“

  1. Auch wenn ich arbeiten gehe, triffst du den Kern. Selbstbestimmung und Gleichberechtigung bedeutet, dass jeder Mensch für sich entscheiden darf!
    Toll geschrieben!

  2. Ich stimme dir aus ganzem Herzen zu, dass Selbstbestimmung entscheidend ist. Es wäre schön, wenn es mehr Offenheit gäbe. Und mehr Toleranz gegenüber den selbstbestimmten Entscheidungen und Lebensstilen anderer. Nur weil jemand etwas anders macht als wir, heißt das nicht, dass er es falsch macht. Ich denke hier können wir nur bei uns selbst anfangen und mit gutem Beispiel vorangehen.

  3. Respekt für diesen offenen, ehrlichen und direkten Artikel.
    Selbstbestimmung? – ein absoluter Traum.
    Bei den Politikern und den Eingriffen in unsere Persönlichkeitsrechte ist das fast ein Kampf gegen Windräder: aber auch der Wind steht mal still

  4. Martina Schieberlein

    Du schreibst mir so aus der Seele, habe vier Kinder, seeeehr viele Depressionen wegen Vereinsamung gehabt, keine Anlaufstelle…. Ich wußte keine, hatte früher auch echt keinen Plan…. Aus meinen Kindern sind verantwortungsvolle, empathische Erwachsene geworden…. Die GRUNDLAGE LIEGT BEI uns MÜTTERN ‼️‼️‼️‼️
    EIGENTLICH werde ich erst in letzter Zeit so richtig wach….
    Und eins weiß ich…. DIESER Herr SPAHN MUSS WEG aus seinem Amt ‼️‼️‼️‼️
    ER SOLLTE SICH SCHÄMEN für das, was er da so ABZIEHT….. PHARMALOBBYIST😡🤮😡🤮😡🤮😡🤮

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